Die Schafhaltung spielte seit jeher in der bäuerlichen Selbstversorgung eine wesentliche Rolle. Lieferte doch das Schaf neben Fleisch auch Wolle, in früheren Zeiten ohne Kunstfaser und Baumwollimporten einen lebenswichtigen Rohstoff im ländlichen Raum. Noch nach Kriegsende galt in unseren Breiten folgende Richtlinie: 1kg Wolle = 1 kg Fleisch = 1 kg Honig. Die ursprünglich in Zams gehaltene Schafrasse war das Steinschaf, eine leichte und genügsame Rasse. Durch den ländlichen Lebensstandard der Vorkriegsjahre bedingt, musste sich das Schaf die Wintermonate durch in dunklen Ställen meist nur mit Kartoffelkraut und Laub als Futter zufrieden geben. Oft abgemagert wurden die Schafe dann im Frühjahr auf die Weide getrieben. Sie wurden unter der großen Trauerweide bei der Innbrücke gesammelt (heute Schlosserei Platter) und anschließend gemeinsam vom Zammer Schafer (=Schafhirte) im „Barges“ (heute befinden sich dort Kieswerk, Schotterwerk und Autobahn) gehütet.
Für die Verpflegung des Schafers musste jeden Tag ein anderer Bauer sorgen. Ende Mai bzw. Anfang Juni wurden die Tiere dann durch das Zammer Loch über die Schafscharte auf die Gedingstattalmen im Hintergebirge getrieben. Es musste jedoch „peitschenknallend“, also ohne Rast, durch die Unter- und Oberlochalm gefahren werden, da diese Gampen für die Rinder vorbehalten waren, wie eine „alte Übung“ es verlangte.
Das Weiderecht der Schafe im Hintergebirge beschränkte sich auf den Jägerrücken und auf die Flächen der Ochsenalmen, die vom „Großvieh“ bereits abgeweidet waren; so konnte der Schafer mit seiner Herde den Rindern nachweiden. Die Schafhirten hatten ihre Unterkunft am „Schafgufel“, einem mächtigen übergehenden Felsen südlich des Jägerrückens. Der Schafer wurde jedes Jahr bei der Hutverlassung vom Gedingstattsausschuss bestimmt, bis es 1972 das letzte Mal erfolgte. Der Gedingstattsausschuss setzte sich aus 6 Mitgliedern von Zams und je 2 Mitgliedern von Zammerberg, Angedair und Schönwies zusammen. Die Anzahl der Mitglieder entsprach auch dem Verhältnis der Stückzahl, welche diese vier Fraktionen auftreiben durften.
Ein Auszug aus dem Gedingsstattsprotokoll vom Jahre 1852 über die Schafhutverlassung:
„Diese wurde dem bittlichen Ansuchen gemäß einstimmig nach der Wahl der Stimmenmehrheit dem Johann Senn zu Gmar gegen dem anvertraut, das er diese Schafhut fleißig und gewissenhaft besorge, das Salz 2 ½ Säcke, welches vom Dorfvogt angekauft wird, durch einen eigenen Boten abhole, auf eigene Kosten in die Alpen liefere und dasselbe den zur Herde gehörigen Schafen unter achtmal aufstreuen müsse. Dieses Salz hat der Hirt zur Herbstzeit am Tage der Schafscheide bar zu bezahlen. Die Hunde bleiben dem Hirten während der ganzen Hutzeit verboten. Ferner ist er verpflichtet, einen guten und rechtschaffenen Beihirten zu halten, welche ihm von der Gedingstattvorstehung gutgeheißen wird. Insbesondere hat sich der Hirt jederzeit getreu nach dem Auftrag und Weisung des Dorfvogtes zu Zams zu richten und zu verhalten. Zum Lohn erhält der Hirt für die Alpzeit von jedem Stück Schaf acht Kreuzer und einen halben Laib Brot, und für jedes Lamm, das auf der Alpe geworfen und auf die Schafscheide gebracht wird, einen Kreuzer; im Frühling und im Herbst aber von den Zammern alleinig vier Kreuzer in Geld. Damit aber der Hirt am Herbst dem Dorfvogt nicht so leicht trotzen kann, wie es öfter schon der Fall war, so wird ihm der Herbstlohn solange vom Dorfvogt eingehalten, bis die Einstallzeit eingetreten sein wird.“ (Protokoll Hutverlassung 1852).
Der Almabtrieb, die „Schafschoad“ (Schafe scheiden), wie er im Volksmund genannt wird, fand immer am Donnerstag vor dem Kirchtag (= 3. Sonntag im September) statt. Die Schafe wurden in der Rease von den Bauern geholt, daheim geschoren, und das eine oder andere für einen Kirchtagsbraten geschlachtet. Am Samstag wurden sie dann für einen Monat ins Zammer Loch getrieben. Die zwei wohl bekanntesten Schafer waren Franz Raich von 1929 – 1951 und Serafin Scheiber von 1952 – 1970. In den Sommern um das Jahr 1945 wurden die größten Stückzahlen an Tieren aufgetrieben: S`Raichli, wie der legendäre Schafer Franz Raich genannt wurde hütete über 1000 Schafe und ca. 40 Ziegen auf den Weiden zwischen Freispitze und Gufelgrasjoch.
Quelle: Zammer Buch 1991 - Hermann Hammerl